Ich wollte mich auch mal an den abc.etüden versuchen. Ein tolles Schreibprojekt von Christiane, auf das ich durch Zufall gestoßen bin. Die Regeln sind 3 Wörter in maximal 300 Wörtern unterzubringen. Die Wörter kommen in dieser Runde aus dem Fundvogelnest und lauten Nieselregen, weich und irren. Es hat Spaß gemacht sich auf diese Art und Weise einer Geschichte zu nähern, für mich völlig neu. Vielen Dank für die Möglichkeit und nun viel Spaß beim Lesen.
Schon kurz nach dem sie am Morgen aufwachte beschlich sie dieses eine bestimmte Gefühl, dieses Intensive, das immer in Begleitung von starker Unruhe auftauchte. Als würde sich ein bedrohlicher Wirbelsturm tief in ihrem Inneren auftun, Herzrasen inklusive. Erst noch weit weg und schwach, im Laufe des Tages aber spürt man wie es näher kommt, intensiver wird. Das Wirbelsturmgefühl nimmt Gedanken und Körper in Beschlag, wirbelt alles durcheinander, brachte ihr Leben bisher regelmäßig und zuverlässig aus dem Gleichgewicht. Ist der Sturm dann abgezogen, war nichts mehr wie zuvor. Am Anfang viel Schmerz, ausgelöst durch tiefe Vertrauensbrüche und der traurigen Erkenntnis sich in Menschen getäuscht zu haben. Zurück bleiben je nach Lebensabschnitt Orientierungslosigkeit, traurige Leere und/oder Einsamkeit garniert mit Enttäuschung und viel Wut.
Mit 13 tauchte das Wirbelsturmgefühl in ihr zum ersten Mal auf. Danach wusste Sie, dass ihr Vater nicht der war, für den sie ihn hielt. Auch leitete ein auftretender Sturm oftmals das Ende einer vermeintlich guten Freundschaft ein und brachte böse Intrigen zum Vorschein. Auch während Partnerschaften war ein aufziehendes Wirbelsturmgefühl ein sicheres Indiz für Lügen und untreue Männer. Es irrte nie.
Warum der Sturm an diesem Tag jedoch tobte, war ihr ein Rätsel. Sie war nun seit drei Wochen getrennt und musste keinen erneuten Vertrauensbruch mehr fürchten. Davon gab es in den letzten 10 Jahren ihrer Ehe mehr als genug.
Gedankenverloren öffnete sie die Terrassentür und trat hinaus. Tief einatmend streckte sie den Kopf in Richtung Himmel. Warmer Nieselregen landetet weich auf ihren geschlossenen Augenlidern.
„Ablenken!“ sagte sie laut zu sich selbst und öffnete rasch die Augen.
Sie zündete sich eine Zigarette an, zog ihr Handy aus der Jackentasche und öffnete ihren Socialmedia-Account. Urplötzlich drohte der Wirbelsturm sie zu verschlingen. Alles drehte sich. Ihr Ex war seit heute wieder „in einer Beziehung“.
Mit ihrer Schwester.
Oh, das kenne ich. Diese Intuition, die einem verrät, was man gar nicht wissen will. Toll geschrieben. Liebe Grüße, Alice
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Vielen lieben Dank Alice. Ja, manchmal wäre tatsächlich einfacher nicht so viel zu fühlen, wobei die nachträglichen Veränderungen rückblickend immer auch ihr Gutes hatten. Liebe Grüße, Sophie
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Boah. Was für ein Tiefschlag. Unglaublich. Ich glaube, da würde ich … keine Ahnung. Auswandern? Beide umbringen wollen? Mag ich mir nicht vorstellen.
Wie dem auch sei, auch hier: Willkommen bei den Etüden-Verrückten, schön, dass du uns gefunden hast! Gerne mehr davon! Meine Erfahrung ist, dass die zweite Etüde mit den gleichen Wörtern oft ganz unverhofft und anders wird …
Liebe Grüße
Christiane
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Vielen lieben Dank, es hat mir auch echt viel Spaß gemacht, bestimmt war das nicht die letzte Etüde 😊
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Schöner Einstand!
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Lieben Dank 😊
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Sehr emotional. Ich mag das Wort Wirbelsturmgefühl. Wahrscheinlich kennt das jeder auf die eine oder andere Art.
Grüße, Katharina.
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Lieben Dank für dein Feedback, freut mich sehr 😊
Viele Grüße, Sophie
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